Motivation für den Entwurf ist die Einschätzung, dass das geltende Recht der hohen kriminalpolitischen Bedeutung der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, wie sie bislang in §§ 73 ff. StGB geregelt ist, nicht gerecht werde. Das geltende Recht sei „äußerst komplex und unübersichtlich“, weshalb strafgerichtliche Entscheidungen auf dem Gebiet der Vermögensabschöpfung „in hohem Maße fehleranfällig“ seien. Der Referentenentwurf verfolgt daher das Ziel, „das Recht der Vermögensabschöpfung durch eine grundlegende Reform zu vereinfachen und nicht vertretbare Abschöpfungslücken zu schließen“. Das Recht der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung soll daher komplett neu gefasst werden. Die wichtigsten Reformpunkte
dürften danach sein:
- In Anlehnung an die im internationalen Strafrecht gebräuchliche Begrifflichkeit wird die bisherige Differenzierung zwischen „Verfall“ und „Einziehung“ durch einen einheitlichen Begriff der „Einziehung“ (confiscation) ersetzt.
- „Kernstück des Reformvorhabens“ soll die grundlegende Neuregelung der Opferentschädigung durch Streichung des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB sein. Das bisherige Regelungsmodell der sog. „Rückgewinnungshilfe“, wonach eine Verfallsanordnung nicht erfolgte, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde, wird damit hinfällig. Nach neuem Recht stehen Ansprüche der Verletzten der Einziehung somit nicht mehr entgegen. Das „bestehende Regelungskonzept“ der „Rückgewinnungshilfe“ wird gleichzeitig von einem „gerechten und opferfreundlichen Entschädigungsmodell“ abgelöst (S. 66 d. Entwurfs.). Die Ansprüche der Verletzten sollen künftig grundsätzlich nach rechtskräftigem Abschluss oder außerhalb des Strafverfahrens befriedigt werden. In einfach gelagerten Fällen erfolgt die Entschädigung im Strafvollstreckungsverfahren (§ 459h StPO-E), in komplexen Fällen mit einer Vielzahl von Verletzten in dem für diese Fälle vorgesehenen Verfahren der Insolvenzordnung (§ 111i StPO-E). Eine Ausnahme gelte nach wie vor für bewegliche Sachen (Diebesgut). Diese sollen dem Verletzten nach § 111n Abs. 2 StPO-E möglichst zeitnah zurückgegeben werden.
- Das sog. „Brutto-Prinzip“, wonach sich das „erlangte Etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 S. 1 StGB allein nach dem tatsächlich zugeflossenen Vermögenszuwachs bestimmt, wird beibehalten.
- Das Institut der erweiterten Einziehung soll nach dem Entwurf nun aufgrund jedweder Straftat möglich sein.
- Der Entwurf schafft in der Vorschrift des § 76a Abs. 4 StGB-E schließlich das Institut der selbständigen Einziehung, wonach eine Vermögensabschöpfung sogar dann zulässig sein soll, wenn eine bestimmte Straftat nicht im Einzelnen festgestellt wird/werden kann. Die Neuregelung soll es ermöglichen, „Vermögen unklarer Herkunft unabhängig vom Nachweis einer konkreten rechtswidrigen Tat (selbständig) einzuziehen, wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass der sichergestellte Gegenstand aus (irgend-)einer rechtswidrigen Tat herrührt. Dabei sei es nicht erforderlich, dass die Tat im Einzelnen festgestellt wird; an die Überzeugung dürfen insoweit keine überspannten Anforderungen gestellt werden.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die beabsichtigten Änderungen im Recht der Vermögensabschöpfung weitreichend wären. Wegen des Verzichts auf eine tatrichterliche Feststellung einer bestimmten Straftat erscheint unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten die geplante Einführung des Instituts der selbständigen Einziehung als besonders problematisch. Die weitere Entwicklung bleibt insoweit abzuwarten.
Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, abrufbar unter: www.bmjv.de
Brehm & v. Moers
Rechtsanwalt Tobias Dössinger
Strafrecht Wirtschaftsstrafrecht Steuerstrafrecht
München