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OLG Hamburg: Urheberrechtsschutz für "Bild"-Schlagzeile "Wir sind Papst"

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  • Zeitungsschlagzeilen können als Sprachwerke urheberrechtlich geschützt sein, wenn sie eine eigene geistige Schöpfung darstellen.
  • Entscheidend sind Prägnanz, Originalität und Individualität der konkreten Formulierung.
  • Nachträgliche Umstände wie die Anerkennung in Fachkreisen können als Indizien für die Schutzfähigkeit dienen.

Die Schranke der Panoramafreiheit greift bei nur vorübergehender Präsentation eines Werks im öffentlichen Raum nicht.
Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass die berühmte "Bild"-Schlagzeile "Wir sind Papst" aus dem Jahr 2005 urheberrechtlichen Schutz als Sprachwerk genießt.  Darüber hinaus war fraglich, ob die Verwendung eines Fotos, das eine haushohe Abbildung der Ausgabe mit der Artikelüberschrift „Wir sind Papst“ am Verlagshaus zeigte, durch die Panoramafreiheit  privilegiert sein könnte. Das Gericht hob die prägnante und individuelle Ausgestaltung der Schlagzeile hervor, die eine hinreichende Schöpfungshöhe aufweise. Der Fall unterstreicht die Bedeutung des Urheberrechts auch für kurze, markante Texte im Printmedienbereich und gibt Anlass, die Anforderungen an den Werkcharakter journalistischer Überschriften näher zu beleuchten.

Urheberrechtsschutz für Sprachwerke
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG sind Sprachwerke, wie Schriftwerke und Reden, urheberrechtlich geschützt. Voraussetzung ist, dass sie eine persönliche geistige Schöpfung darstellen (§ 2 Abs. 2 UrhG). Im Bereich der Sprachwerke sind die Anforderungen an die sog. Schöpfungshöhe gering - auch die "kleine Münze" genießt Schutz. Entscheidend sind der Gestaltungsspielraum und die konkrete Formgebung im Einzelfall.

Schöpfungshöhe bei Zeitungsüberschriften
Bei Zeitungsartikeln ist regelmäßig von einer urheberrechtlichen Schutzfähigkeit auszugehen, da die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten zu einer Individualität des Werks führen. Dies kann auch für prägnante Überschriften oder Schlagzeilen gelten, wenn sie durch Wortwahl, Gedankenführung oder Aussage eine hinreichende Originalität aufweisen. Dabei sind stets der Gesamteindruck und der Abstand zu vorbekannten Formulierungen zu würdigen.

Indizien für die Werkqualität
Für die Beurteilung der schöpferischen Eigentümlichkeit können neben einer Analyse der Gestaltung auch nachträgliche Umstände herangezogen werden, sofern sie Rückschlüsse auf die Originalität zum Schöpfungszeitpunkt erlauben. Dazu zählen etwa die Anerkennung in Fachkreisen, die Rezeption in der Öffentlichkeit oder die Eignung als Gegenstand vielfältiger Abwandlungen und Zitate.

Auswirkungen auf die Praxis
Das Urteil hat weitreichende Bedeutung für Journalisten, Verlage und Nutzer von Presseerzeugnissen:

  • Auch kurze, prägnante Schlagzeilen können als Sprachwerke urheberrechtlichen Schutz genießen, wenn sie eine individuelle Prägung aufweisen. Urheber können die Nutzung untersagen oder Lizenzen vergeben.
  • Bei der Nutzung fremder Zeitungsüberschriften, z.B. im Rahmen von Zitaten oder Bildmaterial, ist der mögliche Urheberrechtsschutz zu beachten. Ohne Zustimmung sind nur Nutzungen im Rahmen gesetzlicher Schranken zulässig.
  • Die Schranke der Panoramafreiheit (§ 59 UrhG) greift nur bei dauerhafter Präsentation von Werken im öffentlichen Raum, nicht bei nur vorübergehender Zurschaustellung wie im Streitfall.

Das Urteil des OLG Hamburg zum Urheberrechtsschutz der Schlagzeile "Wir sind Papst" unterstreicht die Bedeutung des Werkschutzes auch für kompakte journalistische Textformen. Es kommt stets auf die Individualität im Einzelfall an. Die Entscheidung mahnt zu einem sorgfältigen Umgang mit fremden Schlagzeilen und Überschriften - auch im digitalen Umfeld. Zugleich bietet sie Urhebern prägnanter Schlagzeilen die Möglichkeit, ihre Rechte wahrzunehmen und zu verwerten. 
 

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