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Ein Beitrag von Rechtsanwalt Kai Florian Furch, Partner BvM Berlin

 

Ziel der Maßnahme ist es, den Verbrauchern ab Weihnachten 2018 zu ermöglichen, beliebige Waren und Dienstleistungen innerhalb der ganzen EU zu vergleichbaren Konditionen einzukaufen bzw. zu bestellen. Eine Diskriminierung von Verbrauchern beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen innerhalb der EU soll vermieden werden.

Die für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU zuständige Kommissarin Elżbieta Bieńkowska führte hierzu aus:

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„Wir bringen den EU-Binnenmarkt in die digitale Welt, indem wir den Verbrauchern die gleiche Möglichkeit bieten, auf die breiteste Palette von Angeboten zuzugreifen, unabhängig davon, ob sie einen Laden in einem anderen Land betreten oder online einkaufen. Nächste Etappe: Senkung der Preise für grenzüberschreitende Paketzustellung, was die Menschen immer noch davon abhält, EU-weit Produkte zu kaufen und zu verkaufen.“

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Zu diesem Zweck soll in den kommenden Monaten eine Geoblocking-Verordnung erarbeitet werden.

In der aktuellen Praxis ist es durchaus üblich, dass Online-Händler, die ihre Leistungen in mehr als einem Mitgliedsstaat der EU anbieten, Besucher ihrer Onlinepräsenz auf entsprechende nationale Angebotsseiten umlenken. Auf diesen findet der Verbraucher angepasste Angebote und Konditionen. Schon in der im Jahr 2006 in Kraft getretenen Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG) wurde geregelt, dass es Dienstleistungserbringern verboten ist, Besteller aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit oder ihres Wohnsitzes in einem anderen Mitgliedstaat zu diskriminieren. Der Vorstoß zur Einschränkung des Geoblockings setzt diese Zielvorgabe nun fort.

Die Tätigkeiten der europäischen Kommission und des Rates zu diesem Thema sollte von allen Online–Händlern genau verfolgt werden. Zwar liegt noch kein konkreter Entwurf der neuen Regelungen vor. Die in den Pressemitteilungen der Europäischen Kommission angesprochenen Anwendungsbeispiele lassen jedoch darauf schließen, dass durch die Verordnung sowohl Bestell- und Kundenformulare, Lieferbedingungen, Gebührengestaltung, Allgemeine Geschäftsbedingungen und die Struktur von Online-Angeboten betroffen sein werden.

Die Verordnung solle hierbei zwar keine Verkaufsverpflichtung auferlegen und auch nicht die Preise zwingend harmonisieren. In der praktischen Umsetzung ist aber jedenfalls eine faktische Vereinheitlichung der Preise eines Online-Händlers für unterschiedliche EU-Staaten zu erwarten.

Dienstleistungen im Bereich der audiovisuellen Medien, elektronischer Kommunikation und Finanzdienstleistungen sollen zunächst von den neuen Regelungen nicht erfasst werden. Ob dies so bleibt, ist abzuwarten. Die Erfahrung aus vergleichbaren Regulierungsvorhaben der EU zeigt jedenfalls, dass anfänglich angedachte Bereichsausnahmen nicht selten in der letzten Entwurfsfassung gestrichen werden.

Ist ein Online-Händler EU-weit tätig, können sich durch die neuen Einschränkungen bzw. Vorgaben der Geoblocking-Verordnung neue Anforderungen für die einzelnen Vertragsverhältnisse mit den Kunden ergeben. Es ist auch nicht auszuschließen, dass die Strukturierung des Onlineangebots des Online-Händlers, insbesondere mit Blick auf nationale Lizenzmodelle, betroffen ist. Die angekündigten Einschränkungen können auch unmittelbar auf Struktur und Darstellung der gesamten Onlinepräsenz des Online-Händlers durchschlagen.

Geoblocking war bisher die wirksamste Methode zur rechtsicheren Berücksichtigung der unterschiedlichen gesetzlichen Vorgaben in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Wie die Europäische Kommission und der Rat diese Klippe praktikabel überwinden will, bleibt abzuwarten. Auch die angepeilte  Kurzfristigkeit der Umsetzung neuer Vorgaben bis Weihnachten 2018 kann für betroffene Unternehmen (insbesondere kleiner und mittlerer Größe) höchstproblematisch werden. Wir werden weiter zu diesem Thema berichten.

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