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​Ein Beitrag von Marcus Sonnenschein, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Partner BvM Berlin

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Der Fall

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Eine Produktionsfirma engagierte für die dritte Staffel einer erfolgreichen TV-Serie einen bekannten, regelmäßig für verschiedene Produzenten selbständig  tätigen Szenenbildner. Da das zur Klärung der Sozialversicherungspflicht eingeleitete  Statusfeststellungsverfahren bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung (DRV) noch nicht abgeschlossen war, behielt sie einen Teil des vereinbarten Honorars ein, um für den Fall, dass rechtskräftig ein sozialversicherungsrechtliches Arbeitsverhältnis  festgestellt wird, von diesem Einbehalt die dann nachzuzahlenden Beiträge zur Sozialversicherung und ggf. Einkommenssteuerbeiträge abführen zu können. Noch vor Abschluss des Statusverfahren, verklagte der Szenenbildner die Produktion auf Auszahlung des Einbehalt.

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Die Entscheidung

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Das LG Berlin gab der Zahlungsklage weitestgehend statt. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig. (LG Berlin vom  13.02.2019 - 104a O 32/18). Hingegen ist die Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Szenenbildners immer noch beim Sozialgericht anhängig.

Wenig überraschend hat das LG Berlin den Einbehalt von Honoraranteilen für die Dauer des laufenden Statusfeststellungsverfahrens vor der Clearingstelle der DRV Bund als unzulässig angesehen, weil im konkreten Fall eine vertragliche Grundlage fehlte. Auch das gesetzliche Zurückbehaltungsrecht griff nicht, weil die Verpflichtung zur Abführung von Sozialabgaben aufgrund des laufenden Verfahrens noch ungewiss war.

Bereits in diversen sozialgerichtlichen Statusverfahren waren Zweifel an der Wirksamkeit solcher branchenüblichen Einbehalte angeklungen, weil sie eine Umgehung der im Sozialgesetzbuch festgelegten Haftungsgrundsätze darstellen könnten. Nach § 28 g SGB IV darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherungspflicht nur als Lohnabzug   geltend machen. Das ist aber nicht mehr möglich, wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist. Der Arbeitgeber haftet dann für die Nachzahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrag in den Grenzen der Verjährung (§ 25 SGB IV). Im Filmbereich sind die Engagements nur von begrenzter Dauer und zumeist vor Abschluss eines Statusfeststellungsverfahren gem. § 7a SGB IV  beendet, so dass der Produzent regelmäßig das vollständige Nachzahlungsrisiko alleine trägt.

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Fazit

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Diese  vielleicht etwas voreilig in der Filmbranche als „bahnbrechend“ bezeichnete Entscheidung des LG Berlin könnte sich als klassischer „Pyrrhussieg“ für selbständige Filmschaffende herausstellen. Um den Wunsch vieler Filmschaffender auf ein selbständiges Engagement Rechnung zu tragen, waren viele Produzenten bereit,  „gemeinsam“ ein vorsorgliches Statusfeststellungsverfahren durchzuführen. Damit der Produzent jedoch das Nachzahlungsrisiko nicht alleine trägt, war die Vereinbarung eines Einbehalt bis zum Abschluss des Verfahrens eine faire Risikoverteilung. Er wurde vielfach von den Filmschaffenden, in deren Interesse die Selbständigkeit gegenüber der DRV Bund durchgesetzt wird, akzeptiert. Nach der nun vorliegend Entscheidung dürfte sich jedoch die Bereitschaft vieler Produzenten, die Statusklärung „gemeinsam“ mit, und häufig sogar nur auf Wunsch des  Filmschaffenden durchzuführen, deutlich reduzieren.

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Praxistipp

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Mehr den je gilt es, im Statusfeststellungsverfahren die Möglichkeiten eines zusätzlichen Antrages gem. § 7a Abs. 6 SGB IV auszuschöpfen. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor und wird das Verfahren innerhalb des ersten Monats der Beschäftigung eingeleitet, kann die Versicherungspflicht erst ab Bekanntgabe der Entscheidung eintreten.

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