Ein Beitrag von Prof. Dr. Alexander Freys, Partner BVM Berlin
Das Landgericht Tübingen hält die deutsche Rundfunkgebühr für unvereinbar mit Europarecht und hat deshalb den EuGH angerufen. Die Luxemburger Richter sollen ein ganzen Katalog von verschiedenen Rechtsverstößen prüfen, vor allem die Frage, ob die Rundfunkgebühr eine unionsrechtswidrige Beihilfe darstellt. Weiter fragt das Landgericht, ob es mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar ist, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten ihre Gebührenforderungen wie Behörden selbst beitreiben können, während ihre private Konkurrenz Forderungen zunächst einmal vor einem Gericht einklagen müssen. Das Gericht ist auch der Ansicht, dass es mit der Informationsfreiheit nicht vereinbar sei, dass Rundfunkgebühren zu zahlen sind, wenn der Zahlungspflichtige gar kein Empfangsgerät besitzt oder nur private oder ausländische Sender nutzt. Auch verstoße es gegen das Gleichbehandlungs- und Diskriminierungsverbot, dass die Rundfunkgebühr voraussetzungslos an die Innehabung einer Wohnung anknüpft. So würden z.B. Alleinerziehende pro Kopf mit einem Vielfachen dessen belastet, was ein Mitglied einer Wohngemeinschaft schuldet. Auch bei beruflich veranlassten Zweitwohnsitzen führe dies zu einer nicht gerechtfertigten doppelten Beitragsschuld. Schließlich würden Deutsche, die an einer EU-Grenze wohnten ungerechtfertigt ungleich behandelt gegenüber Deutschen, die - bei gleicher Empfangslage - im EU-Nachbarstaat auf der anderen Seite der Grenze wohnen würden.
Tatsächlich hatte sich die EU bereits schon im Jahr 2007 mit der Frage beschäftigt, ob das deutsche System der Rundfunkfinanzierung eine unzlässige Beihilfe darstellt. Damals wurde die Frage jedoch nicht gerichtlich entschieden. Vielmehr kam es zum sogenannten Behilfekompromiss zwischen der Bundesrepublik und der EU Kommission, der in der Einstellung des Verfahrens durch die Kommission mündete.
Das Tübinger Landgericht ist damit nicht das erste Mal gegen die Rundfunkbeitrag ins Feld gezogen. Vielmehr ist die aktuelle EuGH-Vorlage nur der Höhepunkt einer ganzen Reihe anderer Entscheidungen, mit denen das Gericht die Rechtmäßigkeit des Rundfunkbeitrags in Frage gestellt hat, von den höheren Instanzen aber immer wieder aufgehoben wurde. So hatte der Tübinger Richter dem Südwestrundfunk in Beitragssachen rundweg die Behördeneigenschaft abgesprochen oder Rundfunkgebührenbescheide als nicht vollstreckungsfähig angesehen, weil die betreibende Rundfunkanstalt nicht erkennbar war.