Ein Beitrag von Rechtsanwalt Kai Bodensiek, BvM Berlin
Der bisherige Rundfunkstaatsvertrag war in den vergangenen Jahren vor allem wegen der vermeintlichen Pflicht für Let's Player oder eSport-Streams eine Rundfunkzulassung zu beantragen in die öffentliche Kritik geraten. Nachdem sich die Politk bereits mehrfach dafür ausgesprochen hatte, diesen Zustand abzuschaffen hat es noch doch recht lange gedauert, bis das entsprechende Gesetzeswerk beschlossen wurde. In Zukunft ist eine Rundfunkzulassung nur noch dann notwendig, wenn bestimmte Zuschauergrenzen erreicht werden. So soll es dann in § 54 heissen:
"(1) Keiner Zulassung bedürfen
[...] 2. Rundfunkprogramme, die im Durchschnitt von sechs Monaten weniger als 20.000 gleichzeitige Nutzer erreichen oder in ihrer prognostizierten Entwicklung erreichen werden."
Wie diese Anzahl von durchschnittlich 20.000 gleichzeitiger Nutzer über sechs Monate konkret berechnet werden, ist noch offen. Dies haben die Ministerpräsidenten den Landesmedienanstalten zur Klärung überantwortet. Auch wenn dies im Gesetzgebungsverfahren mehrfach kritisiert wurde, ist es doch ein großer Erfolg für die Online-Community, denn nur sehr wenige Let's Player oder eSport-Streams erreichen 20.000 "concurrent" (also gleichzeitige) Nutzer. Damit dürfe klar sein, dass das Erfordernis einer Rundfunkzulassung für die allermeisten Streamer entfallen wird. Auch darf man davon ausgehen, dass die Landesmedienanstalten kaum noch Verfahren wegen Verstößen gegen die aktuelle Rechtslage eskalieren werden. Einziger Wehrmutstropfen bleibt die Tatsache, dass der Gesetzgeber die Zulassungspflicht nicht, wie selbst von den Landesmedienanstalten gefordert, insgesamt abgeschafft hat.
Im Gesetzgebungsverfahren hatten sich vor allem die Games-Branche vertreten durch den game Verband, Twitch und Google für eine entsprechende Deregulierung stark gemacht, aber auch die Netzcommunity hatte immer wieder darauf gedränkt.
Neben der Deregulierung für Streamer enthält der neue Medienstaatsvertrag auch eine Vielzahl neuer Regelungen, die Online-Plattformen regulieren und auch die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste ("AVMD-Richtlinie") in der Fassung von 2018 wird nun in deutsches Recht umgesetzt.
Da der Vertrag zunächst durch die Länderparalamente ratifiziert werden muss und dann durch durch die EU-Kommission notifiziert werden muss, wird der neue Medienstaatsvertrag wahrscheinlich nicht vor dem Herbst 2020 in Kraft treten. Bis dahin werden wir hier regelmäßig über die anderen Neuerungen des Vertrages und die geplante Umsetzung durch die Landesmedienanstalten berichten.
* Der Autor hat selbst im Rahmen des Gesetzgebungsverfahren für den game Verband an den verschiedenen Anhöhrungsrunden teilgenommen und mehrere Stellungnahmen zu den einzelnen Entwürfen verfasst. Darüber hinaus hat der Autor gemeinsam mit Rechtsanwalt Matthias Walker im Jahr 2018 den Artikel "Livestreams von Gaming Video Content als Rundfunk? Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung der Rundfunkzulassungspflicht" in der Multimedia und Recht 2018, Seite 136 veröffentlicht.