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Coronavirus COVID-19

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Am 30. Januar hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen internationalen Gesundheitsnotstand wegen COVID-19 ausgerufen: https://www.who.int/dg/speeches/detail/who-director-general-s-statement-on-ihr-emergency-committee-on-novel-coronavirus-(2019-ncov)

Das Coronavirus hat im Vergleich zu anderen Infektionskrankheiten eine längere Inkubationszeit, während derer die Infizierten keine Krankheitszeichen zeigen, aber ansteckend sind. Unter anderem deswegen verbreitet sich das Coronavirus so schnell. Die Übertragung des Virus erfolgt nach derzeitigem Wissensstand durch Tröpfchen, entweder direkt (z.B. Niesen, Husten, intimer Kontakt) oder indirekt (z.B. Handschütteln, Benutzung von Türgriffen). Dabei ist das Virus außerhalb des Menschen bis zu eine Woche lebensfähig, wobei es durch Desinfektion sehr gut beseitigt werden kann: https://de.wikipedia.org/wiki/SARS-CoV-2#Risikogruppe

Tagesaktuelle Risikobewertungen sind über die Webseite des Robert-Koch-Institut abrufbar: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html. Ein behördliches Reiseverbot in betroffene Risikogebiete wurde bisher nicht ausgesprochen. Reisewarnungen und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung) erteilt das Auswärtige Amt stetig aktualisiert unter: https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/reise-und-sicherheitshinweise/letzteaktualisierungen

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Arbeitgeber ist zum Handeln verpflichtet

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Der Arbeitgeber ist gemäß seiner allgemeinen Fürsorgepflicht, einer anerkannten Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, und den öffentlich-rechtlichen Vorgaben zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (z.B. Arbeitsschutz- und Arbeitssicherheitsgesetz) dazu verpflichtet, die Gesundheit seiner Arbeitnehmer zu schützen und alles dafür zu tun, dass diese ihre Arbeiten gefahrlos erfüllen können. Auskünfte dazu können eingeholt werden bei den regionalen Gesundheitsämtern; für Berlin unter: https://www.berlin.de/sen/gesundheit/themen/gesundheitsschutz-und-umwelt/infektionsschutz/coronavirus/.

 

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Schutzmaßnahmen

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Bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen hat der Arbeitgeber ein Weisungsrecht gegenüber seinen Arbeitnehmern. Wenn ein Betriebs-/Personalrat vorhanden ist, muss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat aufgrund von dessen Mitbestimmungsrechten (z.B. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) über die Implementierung von Schutzmaßnahmen verhandeln.

Mögliche Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers könnten sein:

 

  • Einführung erhöhter Hygienemaßnahmen (Desinfektion von Arbeitsflächen und vor allem Türgriffen; Desinfektionsmittel für Hände verteilen; Mundschutzmasken verteilen; Händeschütteln / Umarmungen „verbieten“)
  • Absprachen bzgl. Dienstreiseziele / ggf. Absage von Dienstreisen in Risikogebiete
  • Anordnung von Home-Office
  • Ggf. Hausverbote

 

Weitere Information / Beratung zu Schutzmaßnahmen erteilen auch die verschiedenen privaten Anbieter für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik, z.B. die BAD GmbH unter: https://www.bad-gmbh.de/dossiers/coronavirus/

Hat der Arbeitnehmer keinen Lohnanspruch gegen den Arbeitgeber – und nur dann! - kann der Arbeitnehmer für die Dauer der angeordneten Quarantänezeit bzw. des beruflichen Tätigkeitsverbots vom Staat eine Entschädigung verlangen (56 IfSG; BGH Urteil v. 30.11.1978 - III ZR 43/77). Die Höhe der Entschädigung bemisst sich in den ersten sechs Wochen nach dem Verdienstausfall (§ 56 Abs. 2 S. 1 IfSG) und ab der siebten Woche nach der Höhe des Krankengeldes (§ 56 Abs.2 S. 2 IfSG). Die Abrechnung der Entschädigung erfolgt durch den Arbeitgeber, der dann gegenüber der zuständigen Behörde die Erstattung beantragen kann (§ 56 Abs. 5 IfSG). Dieser Antrag ist innerhalb von drei Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit bzw. dem Ende der Quarantäne bei der zuständigen Behörde zu stellen (§ 56 Abs. 11 IfSG). Unter Umständen kann der Arbeitgeber bei der zuständigen Behörde einen Vorschuss für die Entschädigungszahlung verlangen (§ 56 Abs. 12 IfSG).

Wichtig: Stellt sich heraus, dass sich der betroffene Arbeitnehmer tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert hat, d.h. erkrankt ist, geht der Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen den Arbeitgeber (§§ 3, 4 EFZG) dem Entschädigungsanspruch gegen den Staat (§ 56 IfSG) vor.

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Verdachts- und Infektionsfälle im Betrieb

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Besteht lediglich ein bloßer Verdacht, dass sich ein Arbeitnehmer mit dem Coronavirus infiziert hat, wird dies wohl nicht dazu ausreichen, dass der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen gegen den betroffenen Arbeitnehmer einleiten muss. Zunächst muss der Arbeitgeber sich schützend vor den Arbeitnehmer stellen, um Ausgrenzungen zu verhindern. Der Arbeitgeber muss alle Tatsachen ermitteln, damit ein belastbarer Sachverhalt vorliegt.

Bestehen belegbare Tatsachen, die eine Coronavirus-Infektion wahrscheinlich machen (z.B. Rückkehr aus einem Risikogebiet), sollte der Arbeitgeber versuchen, mit dem betroffenen Arbeitnehmer eine einvernehmliche Lösung zu finden, z.B. Home-Office vereinbaren. Der Arbeitnehmer würde dann weiter arbeiten, nur nicht im Betrieb. Weigert sich der Arbeitnehmer, hat der Arbeitgeber wohl das Recht, ihn einseitig von der Arbeit freizustellen.

Bestehen belegbare Tatsachen, die eine Coronavirus-Infektion sehr wahrscheinlich machen (z.B. Rückkehr aus einem Infektionsgebiet und erste Anzeichen einer Erkrankung; Meldung durch einen Arbeitnehmer, dass er an COVID-19 erkrankt ist), ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer von der Arbeit freizustellen. Er muss den Fall sofort der zuständigen Gesundheitsbehörden melden. Informationen zu der zuständigen Gesundheitsbehörde nach Postleitzahl oder Ort sind abrufbar unter: https://tools.rki.de/PLZTool/.

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Anordnung von (betriebs-)ärztlicher Untersuchung bei COVID-19?

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Grundsätzlich darf der Arbeitgeber eine ärztliche Untersuchung eines Arbeitnehmers nur mit dessen Willen anordnen. Bei einem Verdacht einer COVID-19-Infektion kann das aus zwei Gründen anders sein.

Zum einen stellt die ärztliche Untersuchung mittels Nasen-Rachen-Abstrich (fast) keinen körperlichen Eingriff dar. Zum anderen kann die Infektion anderer Mitarbeiter durch COVID-19 nur dann unterbunden werden, wenn schnell Klarheit über eine Infektion geschaffen wird. Den Arbeitnehmer trifft die arbeitsvertragliche Nebenpflicht, Schaden vom Arbeitgeber und seinen Mitarbeitern abzuwehren. Damit sprechen die besseren Argumente dafür, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einem COVID-19-Verdacht verpflichten darf, sich durch einen (Betriebs-)Arzt untersuchen zu lassen.

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Arbeitnehmerrechte bei COVID-19

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Für Arbeitnehmer stellen sich aktuell folgende Fragen: Wann darf ich und wann muss ich zu Hause bleiben? Was mache ich, wenn ich nicht erkrankt, aber unter Quarantäne gestellt werde (§§ 16, 30 IfSG)? Wer zahlt mir meinen Lohn? Die Antworten auf diese Fragen hängen von der jeweiligen Fallkonstellation ab.

Entgeltfortzahlung bei Erkrankung an COVID-19

Ist der Arbeitnehmer an dem Coronavirus tatsächlich erkrankt, hat er – so wie auch bei jeder anderen Erkrankung – einen (maximal) sechswöchigen Anspruch auf Entgeltfortzahlung aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz (§§ 3, 4 EFZG). Nach sechs Wochen sowie bei einem stationären Krankenhausaufenthalt hat der Arbeitnehmer gegenüber seiner Krankenkasse Anspruch auf Krankengeld (§ 44 SGB V).

Angst vor einer Coronavirus-Infektion

Befürchtet der Arbeitnehmer, mit COVID-19 infiziert zu sein oder sich bei der Arbeit zu infizieren, ohne dass es hierfür konkrete Tatsachen und Anhaltspunkte gibt, muss er dennoch zur Arbeit gehen. Er darf nicht zu Hause bleiben oder einseitig seine Arbeit einstellen. Wer grundlos nicht arbeitet, riskiert eine Abmahnung oder gar eine Kündigung. Außerdem verliert der Arbeitnehmer seinen Lohn-/Gehaltsanspruch. Hier gilt der Grundsatz: „Ohne Arbeit, kein Lohn“.

Umgekehrt gilt: Stellt der Arbeitgeber einen (objektiv) arbeitsfähigen Arbeitnehmer von der Arbeit frei, ohne dass es ein konkretes und belegbares Infektionsrisiko gibt, behält der Arbeitnehmer seinen Lohnanspruch (§ 615 BGB). Denn der Arbeitgeber verweigert in diesem Fall die Annahme der Arbeitsleistung, obwohl der Arbeitnehmer zur Arbeit fähig und auch willig ist.

Sofern es möglich ist – und der Betriebs-/Personalrat zustimmt –, sollte einvernehmlich geregelt werden, dass der Arbeitnehmer im Home-Office arbeitet.

Konkreter Corona-Verdacht

Besteht ein konkreter Infektionsverdacht, weil ein Arbeitnehmer Kontakt mit einer am Coronavirus erkrankten Person hatte, in einem Risikogebiet war oder sonst Anzeichen einer Erkrankung hat, ist es dem Arbeitgeber aufgrund seines Weisungsrechts möglich und er ist sogar verpflichtet, den betroffenen Arbeitnehmer von der Arbeit freizustellen.

Nach einem Urteil des Landgerichts Düsseldorf (Urteil v. 18.05.1966 - 11 b S 43/66) hat der Arbeitnehmer auch in diesem Fall den Anspruch auf Lohnfortzahlung gemäß § 616 BGB, wenn er „für verhältnismäßig kurze Zeit“ wegen eines Seuchen-/Infektionsverdachts nicht arbeiten darf. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass der Arbeitnehmer an COVID-19 erkrankt ist, hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung aus §§ 3, 4 EFZG. Im Ergebnis besteht in diesen Fällen also immer der Lohnanspruch des Arbeitnehmers fort.

Der Arbeitgeber sollte den Arbeitnehmer in solchen Fällen auffordern, sich sofort von einem (Betriebs-)Arzt untersuchen zu lassen. Weigert sich der Arbeitnehmer und bleibt er gesund, hat er wohl keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung, weil er seine arbeitsfreie Zeit selbst zu verschulden hat. Lässt sich der Arbeitnehmer untersuchen und ist er gesund, muss er wieder arbeiten und erhält ununterbrochen Lohn (§§ 615, 616 BGB).

Behördliche Quarantäne

Wird von den zuständigen Behörden für einen Arbeitnehmer aufgrund einer Erkrankung oder eines Infektionsverdachts die Quarantäne angeordnet (§ 30 IfSG) oder ein berufliches Tätigkeitsverbot verhängt (§ 31 IfSG), ist es ihm unmöglich, zur Arbeit zu kommen. Er hat jedoch einen Lohnanspruch gem. § 616 BGB, wenn er nur „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ an der Arbeit gehindert ist. Weil die zuständige Behörde den Arbeitnehmer in einem solchen Fall anweist, auf COVID-19 getestet zu werden, gehen wir davon aus, dass sich binnen einer Woche, d.h. „einer verhältnismäßig kurzen Zeit“, herausstellt, ob er gesund oder infiziert ist.

Hat der Arbeitnehmer keinen Lohnanspruch gegen den Arbeitgeber – und nur dann! - kann der Arbeitnehmer für die Dauer der angeordneten Quarantänezeit bzw. des beruflichen Tätigkeitsverbots vom Staat eine Entschädigung verlangen (56 IfSG; BGH Urteil v. 30.11.1978 - III ZR 43/77). Die Höhe der Entschädigung bemisst sich in den ersten sechs Wochen nach dem Verdienstausfall (§ 56 Abs. 2 S. 1 IfSG) und ab der siebten Woche nach der Höhe des Krankengeldes (§ 56 Abs.2 S. 2 IfSG). Die Abrechnung der Entschädigung erfolgt durch den Arbeitgeber, der dann gegenüber der zuständigen Behörde die Erstattung beantragen kann (§ 56 Abs. 5 IfSG). Dieser Antrag ist innerhalb von drei Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit bzw. dem Ende der Quarantäne bei der zuständigen Behörde zu stellen (§ 56 Abs. 11 IfSG). Unter Umständen kann der Arbeitgeber bei der zuständigen Behörde einen Vorschuss für die Entschädigungszahlung verlangen (§ 56 Abs. 12 IfSG).

Wichtig: Stellt sich heraus, dass sich der betroffene Arbeitnehmer tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert hat, d.h. erkrankt ist, geht der Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen den Arbeitgeber (§§ 3, 4 EFZG) dem Entschädigungsanspruch gegen den Staat (§ 56 IfSG) vor.

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Auswirkungen auf den Betrieb

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Wird der gesamte Betrieb von der zuständigen Behörde aufgrund einer COVID 19-Infektion oder eines Infektionsverdachts geschlossen (§ 28 Abs. IfSG) oder steht die Produktion aufgrund von Personalausfällen oder Versorgungsengpässen still, ist der Arbeitgeber nach den Grundsätzen der sog. „Betriebsrisikolehre“ gemäß § 615 BGB weiter zur Lohnfortzahlung an alle Arbeitnehmer verpflichtet. Danach trägt bei Naturkatastrophen, Stromausfall oder sonstigen Fällen höherer Gewalt der Arbeitgeber das Ausfallrisiko seines Betriebes.

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Anspruch auf Kurzarbeitergeld?

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Die Bundesregierung hat am 8. März 2020 beschlossen, Kurzarbeit zu erleichtern, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Epidemie abzufedern (https://www.cdu.de/artikel/ergebnisse-des-koalitionsausschusses-vom-08-maerz-2020). Betroffene Betriebe können wegen einer Betriebseinschränkung oder Betriebsschließung wegen einer COVID-19-Infektion oder eines Infektionsverdachts vereinfacht Kurzarbeitergeld beanspruchen. Diese Leistung muss der Arbeitgeber für die betroffenen Arbeitnehmer bei der zuständigen Agentur für Arbeit beantragen (www.arbeitsagentur.de/news/kurzarbeit-wegen-corona-virus).

 

Ein Beitrag von Isabelle Engelhard, LL.M. (Cardozo), Rechtanwältin BvM Berlin

 

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